Argumentiere niemals mit schlechten Beispielen

Durch meinen Feedreader bin ich über diesen Text von Daniela Warndorf gestolpert. Zuerst dachte ich es sei wieder einer dieser Jammertexte den man von Webworkern in regelmäßigen Abständen zu lesen bekommt. Erst im letzten Absatz las ich das Daniela Warndorf eine Texterin ist und demnach nicht zwangsweise zu der Gruppe der Webworker zu zählen ist. Die beschriebene Problematik trifft aber auf viele Bereiche und Berufsgruppen zu.

Im Grunde genommen ist die Grundaussage des Textes, dass man nicht für umsonst arbeiten könne, richtig. Ich denke und hoffe das dies auch niemand macht. Auf der anderen Seite sind Probearbeiten und Referenzen wirklich nichts mit dem man niemals im Berufsleben hätte rechnen können. Dies trifft nicht nur auf Kreative und Webworker zu, sondern auf so ziemlich jeden herstellenden Beruf.
Nehmen wir einmal den Metzger aus Daniela Warndorfs ersten Beispiel. Probieren geht über studieren, dass wussten Metzger und Wurstfachverkaufskräfte schon bevor es Internet gab. Wer kennt es nicht, dass kleine Stückchen Fleischwurst das über die Theke gereicht wird. Oder die kleinen Probierhappen, die oft in jeder guten Metzgerei auf dem Tresen ausliegen. Warndorfs Beispiel ist völlig daneben gegriffen. Zum einen gibt es Proben beim Metzger, zum andern ist ein Steak nicht mit einem Text oder einem anderen digitalen Produkt vergleichbar. Schneidet man von einem Steak ein Stück ab damit der Kunde es probieren kann, ist das Steak irgendwann weg. Einen Text oder ein digitales Produkt wie z.B. ein Stück PHP-Code kann man unendlich oft kopieren und verteilen ohne das seine Qualität leidet oder das es weniger wird. Der Vergleich Texter mit Metzger hinkt also nicht nur, er ist schlichtweg falsch.

Ihr nächstes Beispiel ist da schon etwas besser. Die “kostenlose” Reparatur im Autohaus. Sicherlich erhofft sich der eine oder andere Kunde das quasi als Serviceleistung kleinere Mängel gleich mit abgestellt werden. Die Werkstätten haben jedoch schon vor langer Zeit die Situation erkannt und entsprechend gehandelt. Kostenvoranschläge nur gegen Bezahlung und jede Reparatur wird in Rechnung gestellt. Es tat zwar weh als ich mal für den Austausch einer Sicherung im Wert von 75 Cent 20 Euro bezahlt habe, es war aber gerechtfertigt. Denn bezahlt habe ich nicht die Sicherung, die gab es gratis. Bezahlt habe ich den Zeitaufwand der Werkstatt.

Warndorfs letztes Beispiel ist leider wieder völlig daneben. Denn auch die Milch verbraucht sich, genauso wie ein Steak. Und tatsächlich ist es, juristisch gesehen, das Risiko des Supermarktes die Waren zur Selbstbedienung im Regal anzubieten. Alternativ könnten sie, wie im guten alten Tante Emma-Laden, die Waren in einem Lager deponieren und dem Kunden nur die Waren aushändigen, die er kaufen möchte. Es ist also, wie man als Programmierer sagen würde, ein Designfehler des Supermarktes.

Warenproben, Probearbeiten und Referenzen gehören zum Berufsalltag genauso dazu wie Kunden die Aufträge geben. Ich denke Daniela Warndorf wird sicherlich auch schon mal eine Probefahrt mit dem Auto gemacht haben das sie kaufen wollte. Ich gehe aber nicht davon aus das sie dem Verkäufer deswegen gleich mal 30 Euro für Sprit und Abnutzung des Autos gezahlt hat. Oder? Und wer kennt sie nicht, Kunden die sich im Fachmarkt beraten lassen und dann billig im Internet bestellen?
Natürlich will man ein Produkt erst einmal testen bevor man es kauft. Kann man dies nicht, weil es sich z.B. um ein Steak oder ein Liter Milch handelt, will man als Kunde Referenzen sehen. Also z.B. andere Kunden die mit diesen Produkt zufrieden waren.

Wie eingangs erwähnt, höre oder lese ich immer wieder vor allem von Selbstständigen das sie vollends darüber frustriert sind wenn sie “kostenlos” arbeiten sollen. Dabei drängt sich der Ausspruch “Wasser predigen – Wein saufen” jedes mal aufs neue auf. Denn auf der einen Seite würden sie selber niemals etwas kaufen was sie nicht ausgiebig getestet haben oder was zumindest über ausreichend gute Referenzen verfügt. Auf der anderen Seite wollen sie ihre Produkte weder zum Testen noch irgendwelche Referenzen anbieten. Aus diesen Frust heraus werden dann haarsträubende Beispiele konstruiert die nicht einmal ansatzweise das Problem darstellen. Geschweige denn mal Lösungsansätze wie man mit dem Problem “kostenlose Arbeit” umgehen soll. Das dieses Problem immer wieder auftaucht, kann leider nicht abgestritten werden.

Auf das Problem “kostenlose Arbeiten” gehe ich in einen anderen Artikel mal näher ein, es würde ansonsten den Rahmen sprengen. Es ist jedoch immer wieder schade anzusehen wie hilflos, verzweifelt und unkreativ angeblich selbstständige mit solchen Problemstellungen umgehen. Das da meist nur Jammern übrig bleibt, ist mehr als bedauerlich.

1 Trackbacks

  1. Von Umsonst arbeiten? – Yoda Condition am 13. Februar 2011 um 16:43

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4 Kommentare

  1. Dass ich einen Text unendlich oft verwenden kann, ist leider völlig falsch gedacht. Bei den Probetexten läuft es so, dass man nicht einfach irgendeinen beliebigen eigenen Text einreichen kann, sondern in der Regel eine Aufgabenstellung vom Kunden erhält. Der Text ist also maßgeschneidert – für ein Produkt zum Beispiel. Wem sollte ich einen solchen Text später nochmals anbieten können? Die Zeit ist also definitiv verloren für mich. Bietet außerdem ein Autohaus Probefahrten an, ist das außerdem eine Betriebsausgabe, die irgendwo in der Steuererklärung entsprechend auch wieder auftaucht. Als Texter kann ich die Zeit fürs Probetexten nirgendwo verbuchen.

    Es geht auch nicht darum, dass ich Probearbeiten prinzipiell ablehne. Viel mehr geht es darum, dass das Probearbeiten oft nicht in Relation zum Auftrag stehen. Dass manche Auftraggeber sich nach Probearbeiten gar nicht mehr erst zurückmelden oder erklären, sie hätten sich die ganze Sache ingesamt nochmals anders überlegt. Oder dass manche Auftraggeber solche Probearbeiten gerne zu eigenen Zwecken verwenden – ich hatte mal mit einer Grafikerin zu tun, die sich von mir die Webtexte der neuen Seite Ihres Mannes zum Beispiel Korrektur lesen wollte. Natürlich habe ich das abgeleht.

    Und natürlich sollten die genannten Beispiele auch provozieren und dadurch zeigen, wie absurd das mit den kostenlosen Probearbeiten ist.

    Und eine Lösung? Die gibt es auch. Statt drei Probetexten nur einen schicken. Stattdessen lieber ein paar andere Beispielarbeiten zeigen. Und darauf hinweisen, dass man gerne Probearbeiten macht, diese aber, sollte der Auftrag nicht zustande kommen, berechnen muss.

    Veröffentlicht 12. Februar 2011 am 13:56 | Permalink
  2. Ralf

    Warum sollte ein Autohaus die Probefahrten steuerlich absetzen können? Können sie leider nicht. Den Kraftstoff kann man als Betriebsausgabe absetzen, das war es dann aber schon. Wenn ein Vorführfahrzeug angemeldet wird, dann verliert es bereits durch die Zulassung 10-20% an Wert (so genannte Tageszulassungen). Weder diesen Wertverlust noch die im Zusammenhang mit Probefahrten aufgewendete Arbeitszeit (bzw. Material für Wartungen) können abgesetzt werden.
    Wenn du einen Probetext einreichst, kannst du das Papier und die Druckertinte ebenfalls von der Steuer als Betriebskosten absetzen. Den Rest musst du selber stemmen. Von daher also vergleichbare Situationen.

    Ich habe nichts gegen provokante Beispiele aber gegen völlig unpassende Vergleiche. Und Milch oder Steaks mit Texten (oder Webdesign / PHP-Code) zu vergleichen, geht nun einmal gar nicht. Sie haben nichts miteinander gemeinsam. Ausgenommen das man sie verkaufen kann.

    Klar kannst du allgemeine Probetexte verfassen die nicht auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten sind. So kann sich der Kunde bereits ein Bild von deinem Stil und deinen Fähigkeiten machen. Will er einen maßgeschneiderten Probetext, dann halt nur gegen Bezahlung. In der Werkstatt bekommt man i.d.R. einen Kostenvoranschlag nur gegen Bezahlung. Allgemeine Preisinformationen, wie z.B. “Was kostet der Scheinwerfer?” bekommt man auch weiterhin kostenlos.

    Für mich ist das ganze eine Sache der Einstellung. Entweder man ist so verzweifelt das man Kunden auch kostenlose Probetexte liefert. Dann sollte man sich nicht beschweren. Ode aber die Hütte brennt, dann kann man auf solche Kunden verzichten oder für seine Probearbeit Geld verlangen.

    Veröffentlicht 12. Februar 2011 am 14:50 | Permalink
  3. “Kunden die sich im Fachmarkt beraten lassen und dann billig im Internet bestellen?”
    Selbst meine Beratung finde ich im Internet. Testberichte und Benutzererfahrungen sagen mir mehr und sind ehrlicher als jeder Verkäufer. Selbst der beste kann nicht alle Geräte kennen. Die offiziellen Werbebotschaften dienen mir nur zur Auswahl, ob das Produkt denn überhaupt in Frage kommt.
    Was das “Umsonstarbeiten” angeht kann ich nicht wirklich was dazu sagen, da ich fest angestellt bin. Meine Websachen mache ich als Hobby dann “kostenlos”. Bekomme aber im Gegenzug dann doch immer Vergünstigungen oder Aufmerksamkeiten. Vielleicht habe ich nur Glück, dass meine Freunde und Bekannten mir nichts schuldig bleiben wollen. ;)
    Das ist bei geschäftlichen Beziehungen natürlich was anderes. Aber schön wäre diese Einstellungen auch dort, oder?

    Veröffentlicht 15. Februar 2011 am 07:25 | Permalink
  4. Ralf

    Tom, das mit der Beratung, teilweise auch vor Ort, und dann im billig im Internet kaufen kenne ich vor allem aus der Geschäftswelt. Im Privatleben kenne ich eher wenige Leute die sich Informationen aus dem Internet holen. Die meisten die ich kenne, schenken den Beschreibungen wenig Glauben und wollen die Waren lieber selber in die Hand nehmen. Außerdem wird gerne mal auf die paar Euro Preisvorteil gepfiffen wenn man das begehrte Teil erst einmal in der Hand hat.
    Ich kenne hingegen etliche Unternehmen die sich von Vertretern ausgiebig beraten lassen und dann teilweise im Ausland einkaufen. Preisdruck frisst Moral, sag ich nur.

    Hauptberuflich bin ich auch fest angestellt, die Websachen sind bei mir eine nebenberufliche Tätigkeit. Aber was würdest du deinem Chef sagen wenn er von dir verlangt am Wochenende zu Hause etwas für die Firma zu machen? Oder unbezahlte Überstunden verlangt?
    Als unkündbarer Beamter würde man ihm wahrscheinlich den Stinkefinger zeigen. Wenn der eigene Job jedoch auf der Kippe steht, würde man wohl eher ja sagen.
    Mit Freunden geht man ganz anders um, weil man ja eine ganz andere Beziehung zu ihnen hat. Freunde will man fürs Leben haben, mit Kunden hat man oft nur kurz etwas zu tu. Das ändert sich aber so bald man einen Kunden über sehr lange Zeit hat. Dann steigen beim Kunden die Hemmungen z.B. etwas ohne Vergütung zu fordern. Manchmal kommt die Vergütung dann zwar nicht unbedingt in Form von Geld, aber sie kommt.
    Deswegen versuche ich auch möglichst nur langfristige Geschäftsbeziehungen aufzubauen. Es ist einfach stressfreier.

    Veröffentlicht 15. Februar 2011 am 16:18 | Permalink